Text im Klang #6
Uraufführungen von impuls Kompositionsaufträgen
18.10.2024, 20.00
KUG . Palais Meran . Florentinersaal, Leonhardstraße 15, 8010 Graz
Grußworte von Elfriede Jelinek für Text im Klang
Wie schön, Text im Klang: das hat was. Aber was? Was bleibt da für mich? Das bin doch nicht ich! Als Text würde ich mich nicht wohlfühlen, der Text soll frei und unabhängig bleiben. Aber was? Was, wenn der Text den Klang kapert? Wenn der Klang dem Text nachklappert? Wenn dem Text durch Schall nachgeplappert wird? Wenn keiner den Text kapiert, weil der Schall ihn im Würgegriff hält, bis er glaubt, er begegnet sich selbst? Weil er zurückgeworfen wird von der Wand, die wir selber sind. Ich bins nicht. Ich bin klar wie unsichtbar. Dann kann ich ja ganz beruhigt sein. Der Text hat es notwendig, sich verständlich zu machen. Er würde sogar mit dem Schall Hand in Hand gehen, wenn er nur fort von mir darf. Nichts wie weg! Ist der Schall der Weg? Ist der Schall im Weg? Wo hams denn den Text auslassen? Der spinnt doch! Der Schall wird den Text schon wegweisen. Vielleicht kommt er dann zu mir wieder zurück, der Depp, der Text? Herzlich willkommen, aber ohne den Schall kommen Sie mir hier nicht rein! Klar? Ohne den Herrn Schall geht schon mal gar nichts. Legen Sie Ihren warmen Schall um, rate ich dringend. Widerstand? Probieren können Sies ja. Aber der Schall wartet hier schon auf Sie und schluckt Sie Länge mal Breite. Wischen Sie meinen Dreck gefälligst weg, da Sie ihn schon nachgemacht haben! Sonst ist er doppelt da und foppt uns. Wisch, weg und aus. Herzliche Grüße noch, bevor er ganz weg ist von mir!
Claus Philipp Einführung zum Schaffen von Elfriede Jelinek
Daria Scia Wir sind alle und niemand. Wir umarmen uns für immer., für Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, Klavier (2024, UA)
Hristina Šušak DELIRIUM, für Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, Klavier (2024, UA)
Katharina Roth Tot ist das Mädchen, für Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, Klavier (2024, UA)
Lorenzo Derinni Violine
Francesca Piccioni Viola
Myriam García Fidalgo Violoncello
Margarethe Maierhofer-Lischka Kontrabass
Maria Flavia Cerrato Klavier
„Text im Klang" sieht heuer bereits seiner 6. Ausgabe entgegen. Von Anfang an verstand sich das Projekt als Labor, das mediale Verschränkungen umzusetzen versucht, deren Fokus auf dem Impuls liegen. Texte wie auch der aktive Austausch zwischen Komponist°innen und Autor°innen liefern dabei Initialimpulse zu neuen Kompositionen. Nicht Vertonungen im klassischen Sinn sind dabei intendiert, keine Übersetzungen mit Stimme oder Sprecher°in, keine klanglichen Repräsentationen der Texte – gefragt ist vielmehr der konkrete Text als Movens in seinen zum Beispiel rhythmischen und syntaktischen Qualitäten, in seinen klangsprachlichen Färbungen, in seiner atmosphärischen oder thematischen Dichte, als semantische Widerlager ... Die Versuchsanordnung von „Text im Klang“ wird im Rahmen der einzelnen Jahrgänge dabei immer wieder leicht modifiziert: 2014 und 2016 dienten den Komponist°innen Texte verschiedener österreichischer Autor°innen in verschiedenen Paarbildungen als Impulsgeber, bei den Aufführungen wurden Musik und Text teils verschränkt, letztere von einer Schauspielerin oder den Autor°innen selbst vorgetragen, teils dabei auch live oder beispielsweise als bearbeitete Zuspielung in den musikalischen Part integriert. 2018 lag der Fokus für alle Komponist°innen auf einem konkreten Kurztext, 2020 entstanden sowohl Text wie Musik zu einem gemeinsam erarbeiteten Thema völlig neu. 2022 wiederum war Ferdinand Schmatz' "das gehörte feuer. orphische skizzen" der Ausgangspunkt der neuen Kompositionen, die teils Fragmente des Textes sowohl akustisch als auch visuell einbezogen, teils auch vom Autor selbst gelesen wurden.
In den künstlerischen Austausch wie Prozess eingebunden sind nicht zuletzt mit Schallfeld Ensemble auch von Beginn an die Interpret°innen, die ihrerseits für die Realisierung mit den Komponierenden in enger Zusammenarbeit stehen und über die Jahre auch in unterschiedlichen instrumentalen Formationen zu erleben sind.
Für 2024 hat Elfriede Jelinek ihre Zustimmung gegeben, dass jeder ihrer zahlreichen Texte als Impuls und Ausgangspunkt für neue musikalische Werke herangezogen werden kann. Die Besetzung ist diesmal mit Schuberts Forellenquintettinstrumentierung eine klassische. Den Uraufführungen voran geht eine Einführung zu Elfriede Jelinek durch Claus Philipp, der das Projekt auch als Vermittler zur Schriftstellerin und ihrem literarischen Ouevre, aber auch ihrem musikalischen Background und ihrer (gesellschafts-)politischen Rolle begleitet hat. Einmal mehr bietet „Text im Klang“ auch am 18. Oktober ein dramaturgisch schlüssiges Programm und schließt tags darauf mit einem öffentlich zugängigen Brunch ab, bei dem der Gesamtprozess des Projekts nochmals reflektiert und die Eindrücke mit dem Publikum ausgetauscht werden können.
€ 18 | € 12* | € 7**
* SchülerInnen, StudentInnen, Präsenz-/ZivildienerInnen und Arbeitslose mit gültigem Ausweis
** MusikstudentInnen mit gültigem Ausweis an der Abendkassa sowie Kinder bis 10 Jahre
*** Eintritt frei für Hunger auf Kunst & Kultur an der Abendkassa ab 15 Minuten vor Konzertbeginn
Kartenreservierung: office@impuls.cc
Hinweis: Wir freuen uns, dass das Programm am 22.10., 20.00, auch im echoraum in Wien sowie am 31.10 um 21:30 auch im Teatro Aveirense, Aveiro, organisiert von Arte no Tempo, zu hören sein wird.